Sieben Jahre nach der Veröffentlichung von „Beyond the Red Mirror“ melden sich die vielseitigen deutschen Power-Metaller Blind Guardian fulminant zurück und entschädigen die Wartezeit mit ihrem neuen Studioalbum „The God Machine“. Es ist das zwölfte Werk der im Orwell-Jahr 1984 gegründeten Band. Als Liebhaber von außergewöhnlichen Covern, zunächst ein Wort zu dem genialen Artwork vom Künstler Peter Mohrbacher. Im Vergleich zum sonst eher opulent, überfüllt „klassisch Metal“ gehaltenem Artwork der vergangenen Alben schafft es Mohrbacher hier fast minimalistisch den Betrachter in den Bann zu ziehen. Sehr gelungen.
Musikalisch bietet „The God Machine“ alles, wofür Frontmann Hansi Kürsch und seine Partner André Olbrich und Marcus Siepen an den Gitarren seit Jahrzehnten stehen: Treibender Speed Metal mit progressiven Anleihen. Über die Jahre gab es immer wieder Vergleiche mit den Hamburger Kollegen von Helloween, die zwar nicht ganz von der Hand zu weisen sind, aber dennoch nicht wirklich greifen. Beide Bands haben ihre eigenen Alleinstellungsmerkmale und gehören mit Recht zu den Vätern des German Power Metal.
Die Texte der einzelnen Songs basieren jeweils auf einem bestimmten Roman, Theaterstück, einer Serie oder einem Meilenstein, aus dem Leben der Musiker. Zum Beispiel “Die Königsmörder-Chronik“ (von Patrick Rotfuss), Battlestar Galactica (TV-Sci-Fi-Serie. Eine der besten, wenn ich das an dieser Stelle kurz einstreuen darf) oder „American Gods“ von Neil Gaiman.
Im Zentrum stehen meist die hymnischen Riffs der beiden Gitarren. Sie sind auch die Grundlage für den epischen Opener „Deliver Us From Evil“, bei dem Hansi von der ersten Sekunde an sein Markenzeichen, den kraftvollen Gesang, in einen reinen Blind Guardian-Sound ohne Schnickschnack destilliert. Fast eine Überraschung, dass die Jungs diesen Song nicht als auch Opener für ihre aktuelle Tour genommen haben. Stattdessen ist es „Imaginations from the other Side“ von 2012 geworden. Passt auch.
In „Damnation“ werden geht es dann recht kryptisch zu, wenn Hansi düster „They’re like ghosts / The ancient ones / Burning blue’s their sign / It’s all true / Hush don’t cry / Better hide“ sind, während seine Bandkollegen erstklassigen Power- und Heavy Metal nonstop in einer Zeitreise in die Anfangstage der Band liefern. Gefolgt wird dies von „Secrets Of The American Gods“, das episch und majestätisch beginnt, bevor es in eine weitere headbangende, symphonische Metal-Arie ausbricht und somit wie geschaffen ist für ihre Live-Setlists. Und dann ist es Zeit für eine weitere Explosion von kraftvollem Power Metal der Krefelder mit dem Titel „Violent Shadows“, wo das Zusammenspiel der Gitarren mit dem gemeinsamen Shouting der Band die perfekte Atmosphäre bietet.
Der Fokus von „Life Beyond The Spheres“ liegt ebenfalls auf der Komposition, die von der markanten Gesangstimme unterstützt werden. Zuweilen sind mir die Keyboardparts von Gastmusiker Joost van den Broek etwas zu präsent, verleihen dem Song an einigen Stellen jedoch auch den nötigen Kick. Mit „Architects Of Doom“, bei dem Schlagwerker Frederik Ehmke das Tempo vorgibt, während Hansi eben Hansi-Dinge tut, beschleunigt die Band die Dinge und liefert eine wunderbare Mischung aus Schwere, Epik und Kraft.
Dann heißt es das erste Mal auf dem Album „kurz durchatmen“. Die Jungs zeigen bei „Let It Be No More“, dass sie auch ruhigere und nachdenklichere Töne einschlagen können. Eine Hammer-Ballade mit einem Gitarrensolo, dass berührt. Vielleicht nicht für jeden, aber ich mag es.
Zurück zum Speed. Das fantastische „Blood Of The Elves“ bringt uns Hörer kraftvolle Texte, gewürzt mit einem traditionellen geradlinigen Sound. Ein Song für die Fans der ersten Stunden der Band, der treibend dem düsteren, thematisch passenden Ende diese „Fantasy-Reise“, dem hämmernden „Destiny“, entgegenführt.
„The God Machine“ ist ein schlüssiges Album geworden, dass zeigt, dass melodischer Speed Metal made in Germany auch nach Jahrzehnten immer noch Champions League ist. Den Tourbericht von Tippi findest Du hier.
(8 / 10)
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