In Minuten waren die 82.000 Tickets für den Auftakt der Rolling Stones #NoFilter-Tour im Hamburger Stadtpark ausverkauft. Das peiswerteste Ticket lag bei 103 Euro. Das Teuerste bei 21.000 Euro. Zuzüglich Vorverkaufsgebühr. Versteht sich. Über die Preisgestaltung wurde in den Medien schon genug geschrieben. Meine grundsätzliche Meinung zum Thema „Kreatives Geldverdienen im Musikbusiness“ findest Du mit Klick auf den Link. Aber zurück zum eigentlichen Thema.
Die Stones in Hamburg
Jahrelang waren sie nicht mehr an der Elbe. Und bisher durften erst zwei Legenden in diesem gigantischen Umfang im Stadtpark auftreten. David Bowie und Pink Floyd. Letztere spielten im Juni 1989 und die Fans pflügten das städtische Gelände einmal komplett um. Nix mehr mit „unser schöner Stadtpark“! Umfangreiche Sanierungsmaßnahmen waren im Anschluss notwendig.
Dieses seltene Ereignis musste also gefeiert werden.
Die Medien stürzten sich dankbar auf das Thema. Da gab es plötzlich den „offiziellen Rolling Stones Sender“. Die Mopo begleitete den Aufbau auf allen Kanälen. NDR zeigte Videos vom Entstehen des Konzertgeländes in den Social Networks. Die Landung der Stones auf dem Helmut-Schmidt Airport wurde selbstverständlich sofort via Twitter auf Bild.de gezeigt. Und auch sonst war in der Stadt mehr von den 82.000 zu erwartenden Stones-Fans zu spüren, als von der halben Million Besucher der gleichzeitig stattfindenden Cruise Days im Hamburger Hafen.
Kleine Anekdote am Rande: Der Stones Flieger war eigentlich der umgestaltete Iron Maiden-Jet, den die Metaller auf der 2010er Tour „The Final Frontier“ benutzten. 2016 kam dann mit EdForce 1 bekanntlich der Jumbo zum Einsatz.
Via Bahn ging es in kurzer Zeit problemlos zum Stadtpark. Fertig.
Und da standen sie dann auch schon. Die Panikverkäufer.
Die, die die Karten aus echten Gründen verkaufen wollten, weil z. B. jemand krank wurde oder eben keine Zeit hatte. Und natürlich die, die sich aufgrund des zu erwartenden Schwarzmarktgeschäftes mit Tickets eingedeckt hatten. Und für diese Gruppe Damen und Herren hatte sich der Markt jetzt einfach mal richtig blöd entwickelt. An der Abendkasse gab es plötzlich doch noch einige der begehrten Billets zum Originalpreis!
Meine Schätzungen lagen vorab Richtung 50 Euro für eine Karte im Innenraum am Tag der Veranstaltung . Zum Schluss gingen vereinzelte Tickets tatsächlich für 30 bis 40 Euro über den Tisch. Was sollte man als Schwarzhändler auch machen. Die Investitionen wurden vor Monaten getätigt. Also musste jetzt Schadenbegrenzung betrieben werden. Irgendwie noch schnell möglichst gering unter dem Einkaufspreis verkaufen. Bloß keinen Totalverlust erleiden. Egal, nicht unser Problem. Wir hatten unsere Tix und fertig.
Männer rechts, Frauen links – jeder nur ein Kreuz
Nach der mehr oder weniger genauen Leibesvisitation und anschließender Kartenkontrolle via Scanner verschafften wir uns einen kurzen Überblick auf dem Gelände. Wo wollen wir hin? Wo gibt´s Bier, Toiletten und Shirts? Also erstmal ab zum Merch-Stand. Die Textilpreise begannen bei 25 Euro (Kindergrößen). Reguläre Tour-Shirts mit der Zunge oder auch dem Hamburger Elbmotiv gingen für 35 Euro über den Tisch. Longshirts wurden mit 50 Euro und Hoodies mit 80 Euro bepreist. Sportlich. Muss man ja nicht machen, kann man aber.
Das Infield war riesig
Ein Teil der Besucher saß auf den eigens für das Konzert aufgebauten Tribünen, der Rest hatte die Wahl zwischen Infield Stehplatz (103 Euro), Silverpit (etwas näher an der Bühne, 149 Euro), Sitzplätze für ca. 250 Euro und natürlich – wie bei den Stones gewohnt – Plätze direkt an der Bühne zwischen den Laufstegen. Hierfür verlangte der Veranstalter 797 Euro (in Worten: Siebenhundertsiebenundneunzig Euro). Nicht schlecht, aber es ging noch besser.
In Hamburg gab es für zwei Fans die Möglichkeit, ein Meet & Greet mit den Stones zu buchen. Einmal den Herren Jagger, Richards, Wood und Watts die Hände schütteln, ein Foto machen und entspannte 25.000 US$ auf den Tisch des Veranstalters legen. Auch diese Möglichkeit war – wie nicht anders zu erwarten – ausverkauft. Irgendwie muss Herr Jagger ja sein Vermögen ausbauen. Mit geschätzten 375.000.000 Dollar könnte es ja auch knapp werden, wenn man diese Einnahmen nicht noch mitnimmt. Der Spiegel schrieb in seiner Konzertkritik sinngemäß: „Ron Wood hat ein geschätztes Privatvermögen von nur 145.000.000 US$. Er war aber auch erst später (in den 70ern) zur Band gestoßen.“ Wie auch immer. Wenn es den Fan glücklich macht, soll er zahlen und hingehen. Mir liegt es fern, solche Angebote zu kritisieren. Der eine Besucher möchte und kann es sich leisten, der andere eben nicht. Freie Marktwirtschaft ist das Zauberwort.
Nach einem für uns eher unspektakulären Auftritt der isländischen Band „Kaleo“ starteten die Stones pünktlich um 20:30 Uhr mit „Sympathy for the Devil“.
Das Gelände bebte und die Bühne brannte!
Nun kann ich sicherlich über jeden einzelnen Song schreiben, wie toll er war und was nicht so klasse war. Das haben andere Medien schon getan, ich spare es mir. Unser Fazit in Summe:
Es war klanglich das Beste, was ich jemals bei einem Konzert erleben durfte!
Sauber abgemischt. Jedes Instrument, jede Stimme kam glasklar raus. Anfänglich hatte ich den Verdacht, ein Playback präsentiert zu bekommen. So perfekt hörte es sich an. Aber da waren auch die kleinen, aber feinen Verspieler von Keith Richards. Er musste teils selbst über seine (wenn auch wenigen) Fehlgriffe an der Telecaster grinsen. Lediglich etwas lauter hätte es für meinen Geschmack sein können. Möglicherweise wurde hier auch an die Gäste jenseits der 70 Lebensjahre auf den Sitzplätzen in der Nähe der Bühne gedacht. Von daher: Alles gut und nahezu perfekt! Da kommen wir auch noch früh genug hin.
Folgende Setlist präsentierten die Briten in Hamburg:
- Sympathy For the Devil
- It’s Only Rock’n’Roll – But I Like It
- Tumbling Dice
- Out Of Control
- Just Your Fool
- Ride ‚em On Down
- Play With Fire
- You Can’t Always Get What You Want
- Dancing With Mr. D.
- Under My Thumb
- Paint It Black
- Honky Tonk Women
- Slipping Away (Keith Richards)
- Happy (Keith Richards)
- Midnight Rambler
- Miss You
- Street Fighting Man
- Start Me Up
- Brown Sugar
- Satisfaction
- Gimme Shelter
- Jumpin‘ Jack Flash
Jagger jedenfalls schien sich gut auf den Hamburger Gig vorbereitet zu haben. Er fragte, ob jemand aus Pinneberg auf dem Gelände sei. Außerdem hätte ihm eine Liverpooler Band den Hinweis gegeben, Hamburg würde sich gut für den Start einer Karriere eignen und man möge doch bitte aufpassen, nicht das gleiche Chaos wie damals nach dem Pink Floyd-Konzert zu hinterlassen.
Kurzweilig reihten sich Klassiker an Stücke des neuen Albums Blue and Lonesome. Variabler Track des Abends wurde „Under my Thumbs“. Einer aus vier Titeln, der im Vorfeld online gewählt werden konnte.
Nach „Satisfaction“ machten wir uns aus dem Inflield langsam aber sicher auf den Weg zur U-Bahn, kauften noch eines der Shirts (Nummer 75 meiner Shirt-Sammlung) und verschwanden genauso schnell, wie wir gekommen waren. Das Abschlußfeuerwerk hörten wir vor dem U-Bahnhof, reichte uns.
Alles in allem ein wirklich gelungener Abend und jeden Cent wert.
Überrascht war ich allerdings, als ich ein Bier und ein Alster bestellte. Entspannte 17 Euro knöpfte uns die nette Barfrau hinter der Theke ab. Inklusive Pfand für die Stonesbecher, Eine weitere Superlative an diesem Abend.
Die Stones sind unterwegs.
Punkt!