Svens Plattentipp: Dark Side of the Moon LIVE / Vinyl

The Dark Side of the Moon: Live at Wembley 1974
Track by Track 
Anlässlich des 50. Jahrestages der Veröffentlichung des Pink Floyd-Albums „The Dark Side of the Moon“ erschien in diesem Jahr „Live at Wembley 1974“ mit einer mitreißenden Live-Version des „Klassikers“ von 1973. Sie ist sowohl in der Jubiläums-Box zum Studio-Album, als auch separat erhältlich.
Für Hardcore-Pink Floyd-Fans ist „Live at Wembley 1974“ nichts Neues: Es handelt sich um die gesamte Aufführung von „The Dark Side Of The Moon“, die am 16. November 1974 in der Londoner Wembley Arena aufgezeichnet und am frühen Nachmittag des Samstags, 11. Januar 1975, im Rahmen von Alan Freemans Programm auf BBC Radio One gesendet wurde. Ich habe sie mit dem Kauf der Vinyl-Scheibe jüngst zum ersten Mal hören dürfen. Meine Eindrücke zu jedem Track.
Der Opener „Speak to Me“ schafft gleich jene Atmosphäre, die Pink Floyd wie vielleicht keine andere Band auch und besonders live zu reproduzieren wussten. Da macht die 1974 die Live-Aufführung von „Dark Side“ mit „Speak to Me“ keine Ausnahme.
Alles beginnt mit dem Herzschlag im Rhythmus der Klänge, die sich in perfekter Quadrophonie um das Publikum drehen. Der Herzschlag dauerte noch einige Minuten an, dann beginnen die verschiede sphärische Effekte zu spielen, die Nick Mason für das Album von 1973 zusammengestellt hatte. Besonderheit: Die erste BBC-Sendung von 1975 enthielt eine kleine Zensur. Die Worte „I’ve been mad for fuckin‘ years, absolutely years / Beenover the edge for yonks, been workin‘ me buns off for bands“, die zu Beginn von „Speak To Me“ sowohl in der Studioversion als auch bei den Live-Auftritten von 1974 zu hören waren, wurden aus dem Mix entfernt. Bei der Veröffentlichung 2011 tauchten sie auf magische Weise wieder auf und sind auch in „Live at Wembley 1974“ zu hören.
 
Die Sounds schwirren durch den Kopf. Das Fundament ist gelegt: Zusammen mit dem Publikum erwartet man angespannt auf den Beginn von „Breathe„: Die Atmosphäre ist plötzlich gelöst und die Musik fließt smooth. David Gilmour, der die ersten Töne auf dem Slide anstimmt, beginnt mit seiner unnachahmlichen Stimme: „Breathe, breathe in the air /Don’t be afraid to care“. Was für ein Sound! Und erst der Anfang dieser langen Reise.
Unerbittlich kommen die Synthesizer von ‚On The Run‘ und die berühmten Stimmen der Flughafenansagerin. Im Vergleich zur Studioversion ist diese Passage länger und ich kann mir nur vorstellen, welche Wirkung diese Soundorgie auf das Publikum hatte, als es diese Klänge in der Wembley Arena hörte. Hatte ich schon den Tipp gegeben sich für dieses Werk gute Kopfhörer zuzulegen?
Am Ende des Liedes ist das Geräusch eines explodierenden Flugzeugs zu hören. Begleitet wurde dies 1974 mit dem wahrscheinlich bekanntesten Effekt in der Geschichte von Pink Floyd: Das Modell eines knapp über zwei Meter langen Flugzeugs, das an einem Kabel befestigt ist und von den Roadies bedient wird, startet aus dem hinteren Teil des Saals und stürzt inmitten von Feuer und Rauch an den Seiten der Bühne ab.

 
Übergang zu „Time„: Weckrufe rütteln den Hörer aus der Trance. Unfassbar klar erklingen Nick Masons knackige Rototoms, begleitet durch Richard Wright, der mit seinem Keyboard Klänge einstreut, Roger Waters reproduziert mit seinen Basssaiten das Ticken der Zeit und David Gilmour wirft mit manischer Präzision Gitarrensounds und Effekte ein. Vor Gilmours scharfem Solo erklingen schließlich die Stimmen der Backgroundsängerinnen Venetta Fields und Carlena Williams, die dem Pink-Floyd-Sound einen Hauch von Soul verleihen. Groove hat der Track eh.

Wrights Klavier trägt uns rüber zu „The Great Gig In The Sky„. Er wird begleitet von Gilmours Slide-Gitarre, wobei die Klänge vom Bass unterbrochen werden, bis Masons Schlagzeug einsetzt und den beiden Backgroundsängern Platz macht. Okay, wer hier keine Gänsehaut bekommt… Nach der Hälfte des Liedes, wenn sich der Höhepunkt abschwächt, beruhigen sich die Stimmen der Chorsänger, ohne jedoch an Intensität zu verlieren, während Klavier und Slide-Gitarre wieder den Weg nach vorne weisen. Zwei Minuten vor Schluss lässt Mason seinen Sound jazzig werden, gefolgt von Waters, der die Stimmung des Schlagzeugers aufgreift. Wright hat seinen Notenreigen noch nicht beendet, als der Effekt von Münzen und Waters‘ Bass das unverwechselbare „Money“ einleitet

Die Version ist wesentlich länger als die Studioversion von 1973. Gilmour ist besonders kratzig mit seiner Stimme und Mason schlägt hart auf seine Felle. Der Gitarrist hat gerade seinen Part beendet, als er dem Saxophonisten „Come on Dick“ zuruft. Dick Parry enttäuscht die Erwartungen nicht und hält sich größtenteils an das, was er auf dem Album von 1973 aufgenommen hat. Gilmours Solo ist wie aus dem Lehrbuch und spiegelt exakt das des Albums wider. Oh mein Gott, diese Background Sängerinnen …wow.
Es folgt „Us And Them„. Die Version ist der auf dem Album nicht unähnlich, mit den Stimmen der Ladys, die die vom Gitarristen gesungenen Worte wiederholen. Und wieder dieses Saxophon…
Gleitender Übergang zu „Any Colour You Like„, dessen Dauer sich im Vergleich zur Studioversion verdoppelt. Das Instrumental ist ein wahres psychedelisches Kaleidoskop. Im Mittelteil wird es musikalisch ruhiger, so dass die beiden Background-Sängerinnen Platz haben, um nach Herzenslust zu singen.
Mit einem plötzlichen Wechsel der Noten leitet Gilmours Gitarre den Song zum nächsten „Brain Damage“ über. Hier ertönt Waters‘ nasale Stimme und der unverkennbare Satz „The lunatic is on the grass“, wobei Gilmours Stimme und die Backgroundsänger Roger unterstützen. Vier Schlägen auf die Felle schließen die Passage ab und „Eclipse“ beginnt. Ein Finale, bei dem die vier Musiker ihre Instrumente mit den Stimmen von Gilmour und Waters und den unglaublichen Gesangsphrasen von Venetta und Carlena in einem Klangstrudel verschmelzen. Das einzige Konzert, bei dem ich nach den vorangegangenen 55 Minuten nicht empört gewesen wäre, wenn es einfach vorbei gewesen wäre.

Limitierter Dark Side of the Moon-Plattenspieler von ProJect

Im Londoner Empire Pool jedenfalls gab es zuvor noch das volle „Shine on you crazy Diamond (Parts I – IX)“, „Sheep“ und „Dogs“ und die Zugang nach DSOM war „Echoes“, welche nicht auf diesem Album inkludiert sind.

Live at Wembley 1974“ ist für mich das beste offizielle Live-Album der Engländer. Es ist für mich schier unglaublich, wie 1974 bereits ein solche Live-Sound produziert werden konnte. Man darf nicht vergessen: Viele der Soundeffekte wurde live (!!!) von Tontechnikern punktgenau eingespielt. Dank der digitalen Möglichkeiten wäre heute alles einfacher: aber genau dieser Wahnsinn ist es, der die Shows von Pink Floyd auszeichnet.

Eine glatte 10/10!

Danke fürs Lesen!

 

Punkt.

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