Ein Vibrator und Sons of Arnachy – ANVIL in Hamburg 21/03/2016 (Markthalle)

Irgendwo sah ich neulich in einer Online-Videothek einen Film über Anvil. Da ich an dem Tag mehr Lust auf die Lemmy-Doku hatte, vergaß ich die Kanadier auch ganz schnell wieder. Ohnehin hielt ich die Beschreibung mit Keywords wie „Speed Metal“ sicher nicht für meine erste Wahl.

Umso überraschter war ich, als genau diese Band als Supporter für Dirkschneiders 2016er-„Back to the Roots“-World Tour angekündigt wurde.

20/00 Uhr. Stage-Time! Licht aus! Spot an!

Steve „Lips“ Kudlow, Robb Reiner und Chris Robertson stürmen die Bühne. Jedoch nicht – wie erwartet – mit einem lauten Start! Ein von einem Ohr zum anderen grinsender Kudlow schaute durch die ausverkaufte Halle, kletterte über den Graben in die Menge und begann das Konzert mitten im Publikum. Absoluter Hammer-Start von Anvil.

Die Setlist war eine Mischung alter Klassiker und neuer Songs (was ich am Konzertabend noch nicht wusste). Das Album „Anvil is Anvil“ steht seit kurzer Zeit in den Plattenläden und Grund genug, als Support der Dirkschneider „Back to the Roots-World Tour“ über den Planeten zu touren. Die Halle kochte nach dem Gig!

Was hat ANVIL mit Sons of Anarchy zu tun?

Lips ist nicht nur Gründungsmitglied, Gitarrist und Sänger der Band. Der vielseitige Kanadier ist auch Schauspieler und hat u. a. in der zweiten Staffel der US-Kultserie mitgespielt.

Was es mit dem Vibrator auf sich hat, zeigte Kudow eindrucksvoll auf der Hamburger Bühne.

Überhaupt habe ich selten eine Band so unglaublich viel lachen sehen, wie Anvil. Irgendein Scheiss wurde ständig während des Gigs gemacht. Dazu aber unten mehr.

Die Setlist der Metal-Combo beim Hamburger Konzert in der Markthalle:

  • – March of the crabs
  • – 666
  • – Badass Rock n Roll
  • – Winged Assasins
  • – Mothra
  • – Swing Sing
  • – Die for a lie
  • – Metal on Metal

Nach guten 50 Minuten war der Spaß leider vorbei. Offensichtlich aber für mich nur für diesen Abend. Denn irgendwie lässt mich diese unfassbare Spielfreude der Musiker nicht los.

Ich recherchierte die letzten Tage und nahm mir am verregneten Sonntag auch gleich den Film „Anvil! Die Geschichte einer Freundschaft“ wieder zur Hand. Eine Biographie über Anvil, die zusammengefasst folgende Story erzählt:

Die Gründungsmitglieder Kudlow und Reiner, Freunde seit der Kindheit gründeten mit 14 ihre erste Metalband. Sie schafften es, in den 80ern als Supporter von Metallica, Bon Jovi oder Saxon durch die Stadien zu reisen.

Nahezu jeder große Metal-Musiker kennt Anvil. Lars Ulrich (Metallica) sagte in einem Interview, dass Anvil es leider nie auf die nächste Erfolgsstufe geschafft hätten. SLASH ist begeistert, kann sich die Erfolglosigkeit in Bezug auf Plattenverkäufe ebenfalls nicht erklären. Alice Cooper ist Mitglied im ANVIL-Fanclub, ebenso Zakk Wylde. Fast jedem sind sie bekannt. Und trotzdem tingeln sie immer noch – nach mehr als 35 Jahren im Geschäft – als Supporter von Dirkschneider durch die Gegend. Eigene Headliner-Touren finden statt, aber eben nur in kleinen Clubs und sind eher die Ausnahme.

Mich begeistert einfach die Verbissenheit von Lips und Robb Reiner. Sie arbeiten aufgrund Ihrer (eher mehr als weniger) finanziellen Erfolglosigkeit im normalen Leben in Jobs, die eher artfremd sind. Gitarrist Kudlow beispielsweise als Lebensmittelfahrer oder Callcenter-Agent. Reiner hat das Glück, durch seine Gallerie und der Erstellung selbst gemalter Bilder ein – wenn auch vermutlich unregelmäßiges – Einkommen zu haben. Alles eben nur dafür, um das nächste Album oder die nächste Tour zu finanzieren. Einfach alles für den Lebenstraum Musik! Was mich nebenbei bemerkt an meinen lieben Kumpel und Kollegen Ron Cazzato von 4Lyn erinnert. Nicht, dass er erfolglos wäre. Ihn kenne ich aber auch nur breit grinsend und lachend und er ist immer auf dem Weg, musikalisch kreativ zu sein. Aber dazu irgendwann einmal mehr.

ANVIL ist für mich ein Paradebespiel einer Band, die man auch als „Metal Band der Herzen“ bezeichnen könnte. Alle lieben sie, kaum einer kauft die Scheiben. Eine großartige Live-Band, die weniger durch muskalische als vielmehr durch Sympathie und Show-Einlagen wie Gitarren-Soli in der Crowd spielen, die Flying V mit einem Vibrator malträtieren und dabei auch noch einen Mega-Sond erzeugen, auffallen. Die PickUps der Metal-Axt werden gerne mal als Gesangsmicro genutzt und während des gesamten Gigs sieht man die Musiker mit leuchtenden Augen und breitem Grinsen im Gesicht die Bühne rocken.

Danke ANVIL, dass ich Euch sehen durfte und die Lifetime-Mitgliedschaft in Eurem Fanclub habe ich eben gekauft.

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